Liebe Anna,
ick hab da mal ne Frage. Bei Euch da unten, mang de Berje
wird doch, so raunt man, nicht nur gejodelt sondern auch gefensterlt.
Mal abjesehen davon, daß das
mit den Leitern ziemlich unhandlich ist, woher wissen denn die paarungswilligen
Knaben, an welchem Fenster sie ihr Anliegen vortragen müssen?
Was machen sie, wenn die Oma oder die Mutter der
Auserwählten die Fensterflügel öffnet?
Wie schaffen sie es geräuschlos die Hausfront zu
erklimmen, bzw, wie bringen sie den Hofhund zur Ruhe,
der sich in ihren Wadenschonern festgebissen hat?
Wie sollte ein braves Mädel einem Buam,
der ans Fenster klopft begegnen und wie tut es dies in Realität?
Wie sollte der Herr des Hauses traditionell reagieren
wenn ihm das Fensterln gewahr wird und wie reagiert er normalerweise?
Ist erfolgreiches Fensterln ein Eheversprechen oder
hebt es nur die Geburtenrate?
Fensterln im Zuge der Gleichberechtigung heutzutage
auch die Maderln, und wenn ja, wie muß man sein
Hotelfenster markieren um ihnen den rechten Weg zu weisen?
Du siehst, Fragen über Fragen.
Kannst Du mich aufklären Anna?
Herzlichst Dein Mark
Na
servas …
Also
des mit dem Fensterln, des is so e Sach für sich.
G’fensterlt
wird ja net ne bloß allein
in Bayern, nur heißt des dann halt eweng anderst.
Sinn
und Zweck des Ganzen ändert sich im Prinzip aber net.
Dabei spielt es auch keine Rolle, wer hier eigentlich wen besüch‘ will. Ob Männlein ein Weiblein oder
umgekehrt, ist ja inzwischen eh völlig schnuppe.
So
romantisch verklärt das Fensterln auch rüberkommt, so gefährlich kann es
werden.
Desinteressierte
„Insassen“ zum Beispiel neigen sehr dazu, die besonders hartnäckigen Bewerber
bis zur Spitze der Leiter, hoch kommen zu lassen und ihnen auch das Fenster
öffnen, jedoch nur, um dann der Leiter einen Schubs (Facebook-Insider würden
auch Stups dazu sagen) zu geben, damit diese mitsamt des darauf befindlichen
Besuchs, in hohem Bogen und möglichst weit entfernt auf die Erde kracht. In eng
besiedelten Gebieten kann es auch vorkommen, dass die
Leiter es nicht bis zum Boden schafft, sondern am Fenster des gegenüber
stehenden Gebäudes kracht.
Aber
wer weiß, vielleicht findet sich ja hinter diesem Fenster ein viel schöneres
Dirndl?
Grundsätzlich
gilt bei jedem Versuch zu Fensterln: Je höher die Etage, desto schöner das
Rapunzel! Somit muss auch die Länge der Leiter
unbedingt vorher bedacht und angepasst werden.
Als
es noch mehr Platz auf dieser Welt gab und die Menschen nicht allein deshalb in
die damals vorhandenen Städte flohen, nur weil es dort Eisdielen gab (!),
reichten einfache Holzleitern in Normalgröße durchaus. Meistens befand sich die
Angebetete im ersten Obergeschoss. Doch die Häuser
wurden immer höher und nicht jeder hat die Möglichkeit einfach den Lift zu
benutzen.
An
kostengünstigen Gelegenheiten, eine entsprechend lange, möglichst ausziehbare
Leiter ergattern zu können, mangelt es dank der vielen vorhandenen Baumärkte ja
eigentlich nicht mehr. Lediglich der Transport einer solchen an den Zielort,
könnte sich als schwierig erweisen.
Umsichtige
Väter heiratsfähiger Bräute, die sie nicht länger durchfüttern wollen, legen
auch schon mal eine entsprechend ausreichend lange Leiter bereit, damit sich
möglichst schnell ein geeigneter Kandidat findet, der diese Aufgabe fortan
übernehmen wird.
Spannend
bleibt die Frage trotzdem, ob sich hinter jenem Fenster auch wirklich die
Person befindet, die man anzutreffen hofft.
So manchen hat es rücklings schon von seiner Leiter gehauen, weil er in
das Gesicht der künftigen Schwiegermutter blickte.
Ich
kann nur sagen: Bleibt standhaft, wer auch immer fensterln möchte. Sollte es zu
einer derartigen Situation kommen, empfehle ich, zuvor das Auswendiglernen von
Ausreden, die glaubhaft wirken.
Diese
müssen, wie aus der Pistole geschossen, sofort und ohne rot zu werden an den
Mann, respektive an die Frau gerichtet werden:
*
Guten Abend, ich bin der Pizzaservice -
funktioniert nur, wenn man denn eine Pizza dabei hat. Im optimalen Fall eine
jener Sorte, von der die Mutter weiß, dass es sich um
die Lieblingspizza der Tochter handelt!
*
Oh Entschuldigen Sie. Würden Sie mit mir wohl eine Runde Mau-Mau spielen? –
Hier bitte unbedingt ein passendes Kartenspiel und ein Attest des Hausarztes
mitbringen, aus dem hervorgeht, dass man zwar ein
wenig bekloppt aber keinesfalls allgemeingefährlich ist.
*
Guten Abend gnä‘
Frau! Ich komme von der neuen Gartenzubehör
-Abteilung des Einkaufs-Centers aus dem Nachbarort. Darf ich Ihnen unsere neue,
äußerst funktionsfähige Leiter vorführen? Vielleicht möchte auch Ihr Gatte - dazu stoßen …? - Hier ist äußerste Vorsicht angebracht. So
manche gelangweilte Hausfrau möchte ihren Gatten keinesfalls zu einer solchen
Gelegenheit hinzuziehen“
Dann
doch besser mit forschem Auftreten und hartem Ton:
*
Guten Abend! Ich komme vom Gebäude-TÜV
für Einfamilienhäuser und muss alle Fensterstöcke auf
ihre Quietschfreiheit überprüfen. Haben Sie schon den Wartungsvertrag
unterzeichnet, den man Ihnen vor zwei Wochen per Post zukommen ließ? - Hier bitte unbedingt eine Art Ausweis, notfalls
mit dem PC erstellt und ausgedruckt bereithalten!
Und
schließlich die letzte, in allerhöchster Not, anwendbare Ausrede:
*
DA ist sie ja. DU meine Schöne. Meine Geliebte! Komm in meine Arme. – Laut Berichten derlei Gestrauchelter, wird
sie sich hüten ihren Mann oder die Nachbarschaft mit hysterischen Schreien zu
wecken. Sie wird vermutlich zum Schweigen gebracht. ABER!!! Die Folgen könnten
entsetzlich sein!
Sonst
noch Fragen? Mark?
Nein,
meine Schöne !