Liebe Anna,

 

Du weeßt ja, ick jehe jerne den Dingen auf den Grund und heute mal der bajuwarischen Grammatik.

 

Ick jehe mal davon aus, daß die fränkische sich nicht wesentlich von der bayerischen unterscheidet.

 

Also was mir auffiel, liebe Anna ist, daß ihr südlich des Weißwurstäquators Schwierigkeiten mit den Hilfsverben habt.

 

Nur so ist es für uns grammatikalisch völlig korrekt formulierenden Preußen, zu verstehen, daß Eure Straftäter, sofern sie nicht ihre Taten gestehen, auch nicht ins Gefängnis müssen, denn wer bei Euch nicht gestanden hat, hat auch nie gesessen, denn bei Euch ist man gestanden und ist gesessen.

 

Nehmen wir mal das Beispiel "trinken":

 

Wenn wir gezecht haben, dann haben wir getrunken, sind wir die konsumierten Getränke, dann wurden wir getrunken.

 

Das läßt uns zu der Regel kommen, das  "haben" das aktive und "sein" das passive Handeln beschreibt.

 

Wenn Bayern gesessen und gestanden sind, dann wollen sie wohl damit ausdrücken, das sie von irgend jemanden  hingesetzt oder -gestellt    wurden.

 

Die Bayern als passives Völkchen ???

 

Kannst Du mir das erläutern ?

 

Herzlichst Dein Mark

 

 

Also lieber Mark,

 

 

 

ich würde ja behaupten, dass des mit einer Grammatik gar nix zu schaffe hat. Bei uns in Bayern, und nur zur Info: nördlich des Weißwurschtäquators liegt noch ein nicht unerheblich großer Teil Bayerns. Nämlich die Elite! - also do bei uns dahoam halt, do gibt’s koa Straftäter. Zumindest nicht aus den eigenen Reihen und so lange man dem Bayern seine Gemütlichkeit lässt, werd's a koane geb'n.

 

 

 

Die Bayerische Gemütlichkeit besteht aus mindestens einer zünftigen „Halben“ (wahlweise auch einer Maß) also ab der 1/2-Liter-Klasse aufwärts), sowie einer deftigen Brotzeit und dazua, ganz wichtig (!) seine hochheilige Rua (Ruhe).

 

Bei dieser Ruhe muss es aber nicht zwangsläufig staad sei, also leise. Nein!

 

Es darf durchaus gejodelt, geschuhplattelt, Fußballg'schaut (und zwar net nur die Spiele des FCB – weil mir ham a noch en Club in Nürnberch und no e paar annere, durchaus bravouröse Mannschafte) und vieles andere gemacht werden – wichtig ist nur, dass man IHM seine Ruhe, IHN, also den Bayer an sich, in Ruhe lässt.

 

Ist der Bayer somit zufrieden, stellt er nichts an, ergo braucht er auch nicht (ein) zu sitzen.

 

Ein gestandener Bayer, bei uns auch a g'standnes Mannsbild genannt, hat damit nur insofern zu tun, weil ein echter Bayer in der Regel ein solcher ist. Ein Mann von Format, kräfiger Statur, mit Händen, die g'scheit hielanga können. Sowohl da, als auch dort.

 

Net so schwindsüchtige Zigarettenbürscherl, wie die meisten Preißen, bei denen man Angst haben muss, dass sie hinnerschi, also rückwärts umfallen, wenn man sie nur anspricht.

 

 

 

Kurz gesagt: Die Sache mit SEIN und HABEN schaut bei den Bayern so aus, dass wenn man ihm SEIN Bier in Gemütlichkeit lässt, dann ist er ein Gestandener Mann, den alle gerne HABEN können.

 

 

 

Beste Grüße

 

Anna